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Behaviour-Based Safety: Wie verhaltensorientierte Sicherheit Arbeitsunfälle nachhaltig reduziert

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In vielen Unternehmen gehört Arbeitsschutz zum festen Bestandteil des Alltags. Schutzhelme, Sicherheitsunterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen sind etabliert. Dennoch passieren regelmäßig Unfälle – teils mit schwerwiegenden Folgen. Die Ursachen liegen häufig nicht in technischen Mängeln oder fehlerhafter Ausrüstung, sondern im Verhalten der Beschäftigten. Genau hier setzt Behaviour-Based Safety (BBS) an. Dieser Ansatz basiert auf der Beobachtung und gezielten Förderung sicheren Handelns und zielt darauf ab, das Risiko für Unfälle deutlich zu senken.

Behaviour-Based Safety ist mehr als ein Regelwerk – es ist eine Herangehensweise, die auf Erkenntnissen aus der Verhaltenspsychologie beruht. Ziel ist es, durch Feedback, Beobachtung und gezielte Unterstützung sicheres Verhalten zu stärken und riskantes Verhalten schrittweise zu verringern. Dabei steht nicht Kontrolle im Vordergrund, sondern Beteiligung, Kommunikation und gegenseitiges Vertrauen. Unternehmen, die BBS anwenden, berichten oft von sinkenden Unfallzahlen, wachsendem Sicherheitsbewusstsein und einer insgesamt besseren Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Der folgende Text beleuchtet die Grundlagen, den Aufbau und die Herausforderungen dieser Methode und zeigt, wie sie langfristig zu einem sichereren Arbeitsumfeld beiträgt.

Behaviour-Based Safety

Behaviour-Based Safety was ist das?

Behaviour-Based Safety stellt das menschliche Verhalten in den Mittelpunkt aller Bemühungen um mehr Sicherheit. Anders als klassische Schutzmaßnahmen, die technische Vorrichtungen oder organisatorische Regeln betonen, fragt BBS: Wie handeln Menschen tatsächlich im Alltag – und warum? Studien zeigen, dass die überwiegende Mehrzahl aller Arbeitsunfälle auf Verhaltensweisen zurückgeht. Diese Einsicht verleiht der Methode eine hohe Relevanz für Unternehmen unterschiedlichster Branchen.

Das Grundmodell von BBS ist das sogenannte ABC-Modell: Auslöser (Antecedent), Verhalten (Behavior) und Konsequenz (Consequence). Es beschreibt, wie Reize bestimmte Handlungen auslösen und wie Rückmeldungen dieses Verhalten stabilisieren oder abschwächen. Wenn beispielsweise riskantes Verhalten nicht angesprochen oder gar unbewusst belohnt wird, kann es sich verfestigen. Umgekehrt kann sicheres Verhalten durch gezielte Rückmeldungen dauerhaft verankern.

Fakt 1: 80–90 % aller Arbeitsunfälle sind verhaltensbedingt

Studien zeigen, dass der Großteil aller Arbeitsunfälle nicht durch Technikversagen, sondern durch menschliches Verhalten verursacht wird. Genau hier setzt BBS an – indem es auf sicheres Verhalten im Arbeitsalltag fokussiert.

Verhaltensbeobachtung als Kernstück

Ein wesentlicher Bestandteil der Methode ist die strukturierte Beobachtung konkreter Arbeitsabläufe. Ziel ist es, sicherheitsrelevantes Verhalten sichtbar zu machen, nicht, um zu bewerten, sondern um gemeinsam daraus zu lernen. Beobachtet wird typischerweise durch geschulte Mitarbeitende, die ihren Kolleginnen und Kollegen in bestimmten Situationen genau zusehen, dokumentieren und anschließend ein kurzes Gespräch führen.

Besonders wichtig ist der respektvolle Umgang miteinander. Rückmeldungen werden nicht als Kritik formuliert, sondern als Einladung zur Reflexion. So entsteht ein gemeinsamer Lernprozess, der das Bewusstsein für Sicherheit schärft. Die beobachteten Daten helfen zudem, Muster zu erkennen, häufige Risiken zu benennen und gezielt Verbesserungen einzuleiten.

Einführung eines BBS-Systems im Betrieb

Der Aufbau eines Behaviour-Based Safety-Programms beginnt mit einer klaren Zielsetzung. Zunächst werden typische Verhaltensweisen identifiziert, die mit Unfallrisiken verbunden sind. Darauf aufbauend werden Kriterien für Beobachtungen entwickelt und geeignete Personen für die Umsetzung ausgewählt. Diese werden intensiv geschult, damit sie Beobachtungen einfühlsam und zielgerichtet durchführen können.

Der Erfolg hängt maßgeblich davon ab, wie sehr das Vorhaben im Unternehmen unterstützt wird. Wenn Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen, steigt die Akzeptanz spürbar. Regelmäßige Schulungen, transparente Kommunikation und die Anerkennung von Fortschritten sind zentrale Bausteine auf dem Weg zu einer sicherheitsbewussten Belegschaft. Ebenso wichtig ist die Bereitschaft, aus Rückmeldungen konkrete Maßnahmen abzuleiten und in den Arbeitsalltag zu integrieren.

Fakt 2: Positives Feedback wirkt stärker als Strafen

In Behaviour-Based Safety-Programmen führt regelmäßiges, positives Feedback zu nachhaltigerem sicherem Verhalten als bloße Sanktionen. Anerkennung und Wertschätzung sind Schlüsselelemente erfolgreicher BBS-Strategien.

Wirkung und Nutzen verhaltensorientierter Sicherheit

Viele Organisationen berichten bereits wenige Monate nach Einführung eines solchen Programms von einem Rückgang der Unfallzahlen. Noch bedeutsamer sind jedoch die längerfristigen Entwicklungen: Beschäftigte übernehmen mehr Verantwortung, achten bewusster auf ihr Umfeld und sprechen eher an, was ihnen auffällt. Die Arbeitsatmosphäre verändert sich, weil das Thema Sicherheit nicht länger als Belastung, sondern als Teil einer gemeinsamen Haltung wahrgenommen wird.

Neben dem direkten Schutz der Gesundheit ergeben sich weitere positive Entwicklungen. Die Kommunikation zwischen den Ebenen verbessert sich, das Vertrauen wächst und Verbesserungen werden schneller umgesetzt. Nicht zuletzt trägt das steigende Sicherheitsbewusstsein zur Stabilität der betrieblichen Abläufe bei, da Ausfallzeiten, Produktionsunterbrechungen oder Störungen seltener auftreten.

Fakt 3: BBS kann die Unfallrate um bis zu 50 % senken

Unternehmen, die BBS systematisch implementieren, berichten häufig von deutlich reduzierten Unfallzahlenoft bis zu 50 % innerhalb eines Jahres nach der Einführung, bei gleichzeitiger Verbesserung der Sicherheitskultur.

Herausforderungen in der Praxis

Die Einführung und Pflege eines BBS-Programms bringt verschiedene Hürden mit sich. Ohne ernsthafte Unterstützung durch die Unternehmensleitung kann das Vorhaben ins Stocken geraten. Ebenso kann fehlendes Vertrauen innerhalb der Teams dazu führen, dass Beobachtungen als Kontrolle statt als Unterstützung empfunden werden. Der Aufbau einer offenen Kultur braucht Zeit und aktives Engagement.

Kritisch ist auch, dass verhaltensorientierte Methoden nicht alleinstehend betrachtet werden dürfen. Wer allein auf individuelles Handeln schaut, übersieht leicht strukturelle Probleme. BBS funktioniert nur, wenn auch organisatorische und technische Aspekte berücksichtigt werden. Eine sichere Umgebung ist ebenso notwendig wie verantwortungsvolles Handeln. Beides gehört untrennbar zusammen.

Fazit

Behaviour-Based Safety bietet eine wirkungsvolle Möglichkeit, Sicherheit im Betrieb neu zu denken. Durch gezielte Beobachtung, ehrliches Feedback und gemeinsame Verantwortung entsteht eine Sicherheitskultur, die nicht von außen verordnet wird, sondern von innen wächst. Dabei geht es nicht um Kontrolle, sondern um Dialog und Lernbereitschaft.

Die Umsetzung erfordert Mut zur Veränderung und den Willen, eingefahrene Routinen zu hinterfragen. Doch die Ergebnisse sprechen für sich: weniger Unfälle, zufriedene Mitarbeitende, ein wertschätzendes Miteinander. Unternehmen, die diesen Weg einschlagen, gewinnen nicht nur an Sicherheit, sondern auch an Vertrauen, Stabilität und Glaubwürdigkeit. Behaviour-Based Safety ist damit weit mehr als eine Methode – es ist ein neuer Blick auf Zusammenarbeit, Verantwortung und Schutz im Arbeitsleben.

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