Die Logistikbranche zählt zu den tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft. Täglich bewegen Millionen Tonnen an Waren durch Lagerhallen, Umschlagplätze und Transportwege. Der hohe Durchsatz, verbunden mit Termindruck, Automatisierung und körperlicher Arbeit, führt jedoch zu einer besonderen Gefährdungslage. Die Anforderungen an den Arbeitsschutz sind entsprechend komplex und vielschichtig. Fachkräfte für Arbeitssicherheit, kurz SiFas, übernehmen in diesem Umfeld eine zentrale Rolle. Sie tragen dazu bei, Risiken frühzeitig zu erkennen, Gefährdungen systematisch zu analysieren und sichere Arbeitsbedingungen zu schaffen – auch unter dem Druck von Lieferfristen, Schichtbetrieb und hoher Fluktuation.
Der Aufgabenbereich der SiFa in der Logistikbranche ist besonders anspruchsvoll. Er reicht von der ergonomischen Gestaltung manueller Arbeitsplätze über die sichere Organisation des innerbetrieblichen Verkehrs bis hin zur Vermeidung von Anfahrunfällen und dem Umgang mit Gefahrgut. Hinzu kommt die Herausforderung, Sicherheitsregeln an ein heterogenes, oft wechselndes Personal weiterzugeben – vom Lagerhelfer bis zum Maschinenführer. Der Artikel beleuchtet die Rolle der SiFa im logistischen Alltag, ordnet sie rechtlich ein, beschreibt typische Gefährdungen und zeigt praxisnahe Lösungsansätze auf.
Besondere Rahmenbedingungen in der Logistikbranche
Die Arbeitswelt der Logistik ist geprägt von hohem Tempo, räumlicher Enge, körperlicher Beanspruchung und einer Vielzahl technischer Hilfsmittel. Zeitdruck und hohe Arbeitsdichte führen nicht selten dazu, dass Sicherheitsvorgaben unterlaufen oder improvisiert wird. Gleichzeitig arbeiten in vielen Betrieben Beschäftigte mit unterschiedlichen Kenntnissen, Erfahrungen und Sprachniveaus. Dies erschwert eine einheitliche Kommunikation zu sicherheitsrelevanten Themen und erhöht das Risiko von Fehlhandlungen.
Der innerbetriebliche Verkehr zählt zu den gefährlichsten Bereichen. Flurförderzeuge wie Gabelstapler und Hubwagen bewegen sich oft zwischen Regalgängen, Rampen und Fußgängerzonen. Unübersichtliche Verkehrswege, fehlende Markierungen oder Ablenkung durch parallele Tätigkeiten führen regelmäßig zu Anfahrunfällen. Auch das manuelle Heben und Tragen schwerer Lasten stellt eine erhebliche Gefährdung dar. Die Folge sind Muskel-Skelett-Erkrankungen, die in der Logistik überdurchschnittlich häufig auftreten und zu längeren Ausfällen führen können.
Fakt 1: Jeder fünfte meldepflichtige Arbeitsunfall passiert in der Logistik
Laut Statistik der DGUV (2023) entfallen rund 20 % aller meldepflichtigen Arbeitsunfälle auf die Lager- und Logistikbranche – besonders häufig durch Stürze, Anfahrunfälle und ungesicherte Ladebereiche.
Praxistipp: Visuelle Bodenmarkierungen und definierte Verkehrswege senken das Unfallrisiko deutlich.
Rolle und Verantwortung der SiFa in der Logistikbranche
Die Aufgaben der SiFa ergeben sich aus dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) sowie den einschlägigen DGUV-Vorschriften. Im Mittelpunkt steht die Beratung des Arbeitgebers zu allen Fragen rund um Sicherheit und Gesundheit im Betrieb. In der Logistikbranche bedeutet das konkret: Begehungen von Lagerhallen und Ladezonen, Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen, Begleitung bei der Auswahl persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und Unterstützung bei der Gestaltung sicherer Abläufe.
Die SiFa untersucht Unfallursachen, dokumentiert sicherheitsrelevante Mängel und entwickelt Maßnahmen zur Risikoverringerung. Dabei ist sie keine Kontrollinstanz, sondern Teil eines vorausschauenden Schutzsystems. Sie führt Gespräche mit Verantwortlichen, regt Unterweisungen an und hilft Führungskräften dabei, Sicherheitsdenken im Betrieb zu fördern. Oft geht es darum, praktikable Lösungen zu finden, die im turbulenten Alltag einer Umschlaghalle oder eines Versandzentrums tatsächlich anwendbar sind.
Typische Gefährdungen im logistischen Arbeitsumfeld
Die häufigsten Risiken in der Logistik lassen sich in körperliche, mechanische und organisatorische Einflüsse unterteilen. Körperliche Belastungen entstehen etwa durch schweres Heben, Zugluft oder Temperaturschwankungen in unbeheizten Hallen. Mechanische Risiken ergeben sich durch Maschinenbetrieb, defekte Geräte oder ungesicherte Lagereinrichtungen. Organisatorische Schwachstellen zeigen sich zum Beispiel durch unklare Zuständigkeiten, fehlende Einweisungen oder mangelhafte Abstimmung zwischen Teams.
Ein typisches Beispiel sind ungesicherte Ladezonen. Fehlende Radkeile, Unebenheiten im Boden oder unzureichende Beleuchtung führen hier immer wieder zu schwerwiegenden Unfällen. Auch der unsachgemäße Umgang mit Hubwagen und Gabelstaplern ist eine häufige Gefahrenquelle – insbesondere, wenn Bediener nur oberflächlich geschult sind oder sich unter starkem Zeitdruck befinden. Eine zentrale Aufgabe der SiFa besteht darin, diese Schwachstellen systematisch zu erfassen und gemeinsam mit dem Betrieb verlässliche Schutzmaßnahmen zu erarbeiten.
Fakt 2: Sicherheitsunterweisungen müssen bei jedem Personalwechsel erfolgen
Bei jedem neuen Mitarbeitenden – auch bei kurzfristigen Aushilfen – ist eine dokumentierte Sicherheitsunterweisung Pflicht. Das gilt selbst dann, wenn die Person nur einen Tag im Lager arbeitet.
Praxistipp: Digitale Unterweisungs-Tools oder Checklisten vereinfachen den Prozess bei hohem Personalumschlag.
Sicherheitsmaßnahmen mit hoher Wirkung
Besonders wirkungsvoll sind Ansätze, die technische, organisatorische und personenbezogene Komponenten verbinden. Technische Vorkehrungen umfassen Schutzsysteme an Maschinen, klare Bodenmarkierungen für Wege und optische oder akustische Warnsignale. Organisatorisch lassen sich feste Regeln für Verkehrsführung, einheitliche Arbeitsanweisungen und wiederkehrende Sicherheitsbesprechungen etablieren. Personenbezogene Maßnahmen beziehen sich auf gezielte Schulung, motivierende Ansprache und das aktive Einbinden der Beschäftigten in sicherheitsbezogene Entscheidungen.
Wichtig ist, dass Maßnahmen dauerhaft greifen. Einmalige Unterweisungen oder punktuelle Kontrollen entfalten kaum Wirkung, wenn sie nicht regelmäßig aufgegriffen und vertieft werden. Stattdessen braucht es eine Kultur, in der Sicherheitsregeln als selbstverständlicher Bestandteil des betrieblichen Alltags betrachtet werden. Die SiFa hat hier eine Brückenfunktion: Sie initiiert Verbesserungen, begleitet Veränderungsprozesse und bringt das Thema Sicherheit immer wieder auf die Agenda. In vielen Betrieben haben sich sogenannte Safety Walks bewährt – informelle Rundgänge, bei denen Mitarbeitende Beobachtungen einbringen und gemeinsam Lösungen entwickelt werden.
Dokumentation und rechtlicher Rahmen
Ein unverzichtbarer Bestandteil der Tätigkeit der SiFa ist die lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation. Jede Unterweisung, jede Gefährdungsbeurteilung und jede eingeleitete Maßnahme muss schriftlich festgehalten werden. Dies schafft Transparenz und schützt den Betrieb im Schadensfall vor rechtlichen Auseinandersetzungen. Besonders in Betrieben mit häufig wechselndem Personal ist eine strukturierte Nachweisführung von hoher Bedeutung.
Der Einsatz standardisierter Vorlagen, systematischer Checklisten und digitaler Lösungen erleichtert diese Aufgabe erheblich. Viele Betriebe nutzen inzwischen Online-Plattformen, auf denen Unterweisungen in mehreren Sprachen angeboten und automatisch dokumentiert werden. So lassen sich auch größere Belegschaften zuverlässig erreichen und neue Mitarbeitende bereits vor Arbeitsantritt einarbeiten.
Fakt 3: Falsches Heben ist Unfallursache Nr. 1 bei innerbetrieblicher Logistik
Rückenerkrankungen durch manuelles Heben und Tragen gehören zu den häufigsten meldepflichtigen Gesundheitsausfällen – meist durch nicht ergonomisches Verhalten oder fehlende Hilfsmittel.
Praxistipp: Einfache Maßnahmen wie Hebehilfen, Anti-Rutsch-Matten und Heben-im-Team reduzieren Ausfälle erheblich.
Schlussbetrachtung: Sicherheitsarbeit als tragende Praxis
Die Arbeitssicherheit in der Logistik stellt hohe Anforderungen – an Menschen, an Strukturen, an Kommunikation. Fachkräfte für Arbeitssicherheit nehmen in dieser Branche eine Schlüsselposition ein. Sie arbeiten im Hintergrund, aber mit großer Wirkung: Sie erkennen Schwachstellen, fördern ein Sicherheitsbewusstsein und gestalten Arbeitsumgebungen, die körperlich und psychisch zumutbar sind. In einem Arbeitsfeld, das sich ständig neu organisiert und unter Druck steht, ist das ein wertvoller Beitrag für den Schutz der Beschäftigten.
Wer Sicherheit im Betrieb nicht als Störung, sondern als festen Bestandteil des Miteinanders versteht, schafft verlässliche Bedingungen. Die SiFa liefert dafür die methodische Basis und das praktische Know-how. Dort, wo ihre Expertise aktiv genutzt wird, entstehen Arbeitsplätze mit klaren Regeln, besserer Übersicht und weniger Zwischenfällen. Das kommt nicht nur den Mitarbeitenden zugute, sondern stabilisiert auch Abläufe und reduziert Ausfallzeiten. In einem Betrieb, der auf sichere Arbeitsbedingungen achtet, wachsen Vertrauen und Verlässlichkeit – beides ist im Tagesgeschäft der Logistik von unschätzbarem Wert.