Wenn der Puls rast, Sekunden zählen und Panik droht – dann entscheidet die Position eines simplen Verbandkastens über Menschenleben. Die Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen ist kein Detail für den Fluchtplan, sondern ein zentrales Element Ihrer betrieblichen Sicherheitsarchitektur. Sie kann retten, was sonst verloren wäre – und schützt Sie gleichzeitig vor rechtlichen Stolperfallen, die Unternehmer teuer zu stehen kommen. Zeit, das Thema mit der Ernsthaftigkeit anzugehen, die es verdient. Und mit Lösungen, die nicht nur auf dem Papier gut aussehen.
Sind Ihre Erste-Hilfe-Einrichtungen wirklich dort, wo sie im Notfall gebraucht werden? Oder folgen sie alten Plänen, die nie auf den tatsächlichen Betriebsalltag abgestimmt wurden? Viele Unternehmer verlassen sich auf Mindeststandards – und übersehen dabei, dass unzugängliche oder falsch platzierte Notduschen, Augenspülstationen oder Verbandkästen im Ernstfall fatale Konsequenzen haben. Dazu kommt: Die Vorschriften sind komplex, die Verantwortung liegt bei Ihnen – und die Kontrolle kommt oft erst, wenn es zu spät ist.
1. Rechtliche Anforderungen an die Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen
Die rechtlichen Anforderungen zur Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen sind für Arbeitgeber in Deutschland verbindlich geregelt – nicht nur im Sinne des Arbeitsschutzes, sondern auch zur rechtlichen Absicherung im Falle eines Unfalls. Dabei greifen verschiedene Vorschriften ineinander und definieren sowohl die Art als auch die Positionierung dieser Einrichtungen sehr konkret.
1.1 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
Die ArbStättV verpflichtet Arbeitgeber gemäß § 3, die Arbeitsstätte so zu gestalten, dass „eine wirksame Erste Hilfe sichergestellt ist“. Das bedeutet: Es reicht nicht aus, Erste-Hilfe-Materialien „irgendwo“ bereitzustellen – sie müssen so erreichbar, funktional und vollständig sein, dass sie ihrer lebensrettenden Funktion im Notfall tatsächlich gerecht werden.
1.2 Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A4.3
Die ASR A4.3 „Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe“ konkretisiert die Anforderungen der ArbStättV – und ist damit für Unternehmen essenziell. Einige zentrale Punkte daraus:
Verbandkästen müssen „so verteilt werden, dass sie in einer Wegstrecke von höchstens 100 m oder innerhalb einer Geschosshöhe erreichbar sind“.
Sie sind deutlich zu kennzeichnen – z. B. mit dem Rettungszeichen „Erste Hilfe“ nach ISO 7010.
Hinweisschilder müssen dauerhaft sichtbar und aus allen Richtungen gut erkennbar sein.
In größeren oder risikobehafteten Betrieben müssen zusätzlich Erste-Hilfe-Räume vorhanden sein.
Die ASR A4.3 gilt als Stand der Technik – das heißt: Wer sich daran hält, handelt rechtssicher.
1.3 DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“
Die DGUV Vorschrift 1 ist eine der wichtigsten Quellen im Bereich Arbeitssicherheit und regelt unter anderem:
Die Pflicht zur Bereitstellung ausreichender Erste-Hilfe-Einrichtungen (§ 24).
Die Bestellung und Schulung von Ersthelfern (§ 26).
Die Verantwortung des Unternehmers, die Betriebsorganisation so zu gestalten, dass im Notfall eine schnelle Erste Hilfe möglich ist (§ 4).
Wichtig: Die DGUV Vorschrift 1 ist eine Unfallverhütungsvorschrift – ihre Einhaltung wird regelmäßig von den Berufsgenossenschaften kontrolliert. Bei Verstößen drohen Sanktionen bis hin zur persönlichen Haftung.
1.4 Weitere relevante Regelwerke
TRGS 526 (Technische Regeln für Gefahrstoffe – Laboratorien): fordert, dass Körpernotduschen innerhalb von 5 Sekunden erreichbar sind.
DGUV Information 204-022 (für Baustellen): beschreibt die Anforderungen an mobile und temporäre Erste-Hilfe-Ausstattungen.
DIN 13157 / 13169: Legen den Inhalt von kleinen und großen Verbandkästen für Betriebe fest.
1.5 Konsequenzen bei Nichtbeachtung
Unternehmen, die die gesetzlichen Vorgaben zur Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen nicht erfüllen, gehen ein erhebliches Risiko ein:
Rechtliche Konsequenzen: Im Schadensfall können Geschäftsführer und Sicherheitsverantwortliche haftbar gemacht werden.
Versicherungsrechtliche Risiken: Unfallversicherungen oder Berufsgenossenschaften können Leistungen einschränken, wenn grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen wird.
Menschliche Tragweite: Schlechte oder verspätete Erste Hilfe kann zu schweren gesundheitlichen Schäden führen – mit massiven psychologischen und wirtschaftlichen Folgen.
2. Verbandkästen strategisch platzieren: Sichtbar, erreichbar, sinnvoll
Ein Verbandkasten erfüllt nur dann seine Funktion als Lebensretter, wenn er im entscheidenden Moment sofort gefunden, erreicht und genutzt werden kann. In der Realität sieht das allerdings oft anders aus: Verbandkästen hängen hinter Türen, sind von Aktenschränken verdeckt oder befinden sich in abgeschlossenen Büroräumen, zu denen im Notfall niemand Zugriff hat. Genau deshalb ist die strategische Platzierung von Verbandkästen kein Nebenschauplatz, sondern eine sicherheitsrelevante Kernaufgabe für jeden Betrieb.
2.1 Sichtbarkeit: Ohne Suche, ohne Zweifel, ohne Umwege
Die beste Erste-Hilfe-Ausstattung bringt nichts, wenn sie nicht gefunden wird. Eine klare, einheitliche Kennzeichnung ist daher essenziell. Die Vorgaben hierzu liefert die ISO 7010, die international gültige Sicherheitszeichen definiert. Das standardisierte Rettungszeichen für Erste Hilfe (weißes Kreuz auf grünem Hintergrund) sollte:
Direkt über oder neben dem Verbandkasten angebracht sein,
Von allen Richtungen gut sichtbar sein – auch bei geöffneter Tür,
In ausreichend großer Ausführung vorhanden sein (mind. DIN A5 empfohlen),
Optional mit Richtungsanzeigern kombiniert werden (z. B. „Erste Hilfe → 5 m“ bei verwinkelten Räumen).
Praxis-Tipp: Besonders in großen Hallen, Werkstätten oder mehrstöckigen Gebäuden sollten Orientierungspläne mit eingezeichneten Erste-Hilfe-Einrichtungen an zentralen Punkten aushängen – etwa an Ein- und Ausgängen oder bei Aufzügen.
2.2 Erreichbarkeit: Der Weg darf keine Hürde sein
Gemäß ASR A4.3 muss ein Verbandkasten „innerhalb einer Wegstrecke von 100 Metern oder einer Geschosshöhe erreichbar sein“. Doch das ist das Mindestmaß – im Notfall geht es um Sekunden. Daher gilt in der Praxis: Je schneller, desto besser.
Keine Barrieren: Der Zugang zum Verbandkasten muss jederzeit frei sein – keine Kartons, Möbel, Maschinen davor.
Zugänglichkeit für alle: Auch Rollstuhlfahrer oder körperlich eingeschränkte Personen müssen die Einrichtung problemlos erreichen können.
Türzugänge: Verbandkästen in Räumen mit Schließmechanismen (z. B. Büro mit elektronischem Türcode) sind riskant – im Notfall zählt Offenheit.
Erinnerung: Ein Verbandkasten im Besprechungsraum nützt wenig, wenn sich der Notfall in der Werkhalle ereignet. Deshalb: Immer im direkten Umfeld potenzieller Gefährdungen platzieren.
2.3 Sinnvolle Verteilung: Unterschiedliche Arbeitsbereiche = unterschiedliche Anforderungen
In jedem Unternehmen gibt es Zonen mit unterschiedlichen Gefährdungsprofilen. Deshalb reicht eine pauschale „Ein-Kasten-für-alles“-Lösung nicht aus. Die Platzierung muss sich an Gefahrenquellen, Tätigkeitsarten und Zugangswegen orientieren.
Produktionsbereiche: Hohe Verletzungsgefahr → Dichte Verteilung, zusätzliche Spezialsets (z. B. Fingerkuppenpflaster, Kältepackungen)
Labore oder chemische Bereiche: Nähe zu Augenduschen und Notduschen → Kombinierte Sicherheitsstationen mit Verbandmaterial
Bürobereiche: Geringeres Risiko → Geringere Dichte, aber dennoch zentrale Verfügbarkeit auf jeder Etage
Außenbereiche / Lagerflächen: Wetterfeste oder mobile Verbandkästen in Schutzgehäusen nutzen
Expertentipp: In sehr weitläufigen Arealen wie Logistikzentren oder Großbaustellen empfiehlt sich die Verwendung von tragbaren Erste-Hilfe-Sets, die dezentral gelagert werden.
2.4 Kontrolle, Wartung und Nachfüllpflicht
Ein Verbandkasten ist kein „Install-and-forget“-Objekt. Der Inhalt unterliegt der DIN 13157 (klein) bzw. DIN 13169 (groß) – und die darin enthaltenen Materialien verfallen mit der Zeit. Zudem kann es sein, dass Verbrauchsmaterialien nach einem Notfall nicht mehr nachgefüllt wurden.
Deshalb Pflicht:
Monatliche Sichtprüfung auf Vollständigkeit und Unversehrtheit (durch interne Sicherheitsbeauftragte oder beauftragte Dritte),
Halbjährliche Kontrolle mit Dokumentation (z. B. Prüfplakette, Checkliste),
Sofortige Nachfüllung nach Verwendung – idealerweise mit einem definierten Nachfüllsystem.
Hinweis: Fehlende oder abgelaufene Materialien im Verbandkasten gelten bei einem Unfall als Ordnungswidrigkeit und können bei Ermittlungen gegen den Unternehmer ausgelegt werden.
2.5 Der Verbandkasten ist Ihr stiller Helfer – wenn er sichtbar, zugänglich und korrekt ausgestattet ist
Die strategische Platzierung von Verbandkästen ist nicht nur eine Frage der Vorschriften, sondern der Fürsorge. Wer diesen Aspekt ernst nimmt, schafft ein sicheres Umfeld, spart im Ernstfall wertvolle Zeit – und demonstriert gegenüber Mitarbeitenden eine klare Sicherheitskultur.
3. Notduschen und Augenduschen: Sekunden können entscheiden
Ein brennendes Gefühl auf der Haut, ätzende Flüssigkeit im Auge, plötzliche chemische Reaktionen – in solchen Momenten bleibt keine Zeit für Umwege oder Diskussionen. Not- und Augenduschen sind nicht nur „gute Idee“ oder „technisches Add-on“ – sie sind lebenswichtige Sofortmaßnahmen. Doch wie bei Verbandkästen gilt: Nur wenn sie richtig platziert, gut gewartet und sofort verfügbar sind, erfüllen sie ihren Zweck.
3.1 Notduschen: Einsatzbereiche und Anforderungen
Körpernotduschen dienen der schnellen Dekontamination bei Gefahrstoffkontakt mit Haut oder Kleidung. Sie sind unverzichtbar in:
Laboren
Chemie- und Pharmaindustrie
Galvanik- und Lackierbetrieben
Industrieanlagen mit Säuren, Laugen oder anderen Gefahrstoffen
Rechtlicher Rahmen
Die TRGS 526 (Technische Regeln für Gefahrstoffe – Laboratorien) legt klare Anforderungen fest:
„Von jedem Ort des Labors sollte eine Körpernotdusche innerhalb von höchstens 5 Sekunden erreichbar sein.“
Die genaue Lage ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung.
Zusätzlich empfiehlt die DGUV Information 213-850:
Wasserdurchfluss: mind. 30 l/min
Wassertemperatur: zwischen 15 und 37 °C
Aktivierung: ohne Hände bedienbar, in einem Zug, sofortiger Wasserausstoß
Optimale Platzierung
Unmittelbare Nähe zu Gefahrenquellen, z. B. neben Chemikalienlagern oder Abfüllstationen
Freistehend oder an der Wand montiert – nie verbaut oder zugestellt
Stets barrierefrei erreichbar – keine Stufen, Türen, Stolperstellen
Kennzeichnung nach ISO 7010 und Beleuchtung bei schlechter Sicht
3.2 Augenduschen: Schutz für das empfindlichste Organ
Die Augenschleimhaut ist extrem empfindlich – der Kontakt mit reizenden oder ätzenden Substanzen kann in Sekunden bleibende Schäden verursachen. Eine Augendusche bietet schnelle Spülung – idealerweise mit steriler Lösung oder Trinkwasserqualität, um Gewebe zu schonen.
Rechtliche Orientierung
Auch hier liefert die TRGS 526 entscheidende Hinweise:
Reichweite: Augenduschen müssen in Sichtweite und ohne Hindernisse erreichbar sein – idealerweise im gleichen Raum.
Bedienung: Druckbetätigt oder automatisch durch Aufklappen des Deckels.
Wassermenge: min. 1,5 l/min für mindestens 15 Minuten.
Spülrichtung: Von innen nach außen, um das gesunde Auge zu schützen.
Empfohlene Platzierung
Direkt neben Arbeitsplätzen mit Gefährdungspotenzial (Laborarbeitsplätze, Mischstationen, Schleifplätze)
Kombiniert mit Körpernotduschen oder separat montiert
Alternativ als tragbare Augenspülflaschen, wenn stationäre Duschen nicht praktikabel sind (z. B. in Fahrzeugen, Außenanlagen)
3.3 Kombinationslösungen: Sicherheitsstationen als Komplettpaket
In besonders gefährlichen Arbeitsbereichen bieten sich sogenannte Sicherheitsduschenstationen an – eine Kombination aus:
Körpernotdusche
Augendusche
Verbandmaterial
Spülflaschen
Hygiene-Zubehör (z. B. Papier, Seife)
Diese Stationen lassen sich zentral installieren und erhöhen die Sichtbarkeit sowie die Handlungssicherheit der Beschäftigten.
3.4 Kontrolle, Wartung und Dokumentation
Wichtig: Not- und Augenduschen sind technische Einrichtungen und müssen regelmäßig gewartet werden. Empfohlen wird:
Wöchentliche Aktivierung (um stehendes Wasser zu vermeiden)
Monatliche Sichtkontrolle (auf Sauberkeit, Unversehrtheit, Zugang)
Halbjährlicher Funktionstest mit Dokumentation
Jährliche Prüfung durch Fachpersonal, ggf. mit Laboranalyse der Wasserqualität
Auch die Benutzung muss geübt sein. In regelmäßigen Unterweisungen sollten Mitarbeitende den Umgang mit Not- und Augenduschen praktisch durchspielen – Simulationen mit harmlosen Flüssigkeiten helfen, Hemmschwellen abzubauen.
3.5 Häufige Fehler bei der Platzierung
Montage in geschlossenen Räumen mit Tür → Zugang im Notfall blockiert
Lagerung in schlecht beleuchteten, engen Ecken → Unsichtbar bei Stromausfall
Kombiniert mit Waschbecken oder Sanitäranlagen → Zweck entfremdet
Nur in der Theorie eingeplant, aber in der Praxis nie einsatzbereit
3.6 Ein Tropfen auf dem richtigen Platz kann das Augenlicht retten
Die Investition in Not- und Augenduschen ist keine Frage des „Ob“, sondern des „Wie gut“. Ihre strategische Platzierung ist ein zentrales Element der betrieblichen Ersten Hilfe – sie schützt nicht nur Augen und Haut, sondern auch Leben, Rechtskonformität und das Vertrauen der Mitarbeitenden in die Sicherheitskultur Ihres Unternehmens.
4. Gefährdungsbeurteilung und Praxisbezug: Wie Sie Risiken richtig einschätzen
Die beste Erste-Hilfe-Ausstattung nützt wenig, wenn sie nicht dort verfügbar ist, wo sie gebraucht wird. Hier kommt die Gefährdungsbeurteilung ins Spiel – das zentrale Werkzeug, mit dem Unternehmer und Fachkräfte für Arbeitssicherheit Risiken systematisch erfassen und daraus konkrete Maßnahmen ableiten.
4.1 Rechtliche Pflicht und praktische Grundlage
Laut § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Das betrifft auch den Bereich der Ersten Hilfe – konkret: die sinnvolle Platzierung von Verbandkästen, Not- und Augenduschen und gegebenenfalls Erste-Hilfe-Räumen.
Dabei geht es nicht nur um das Erkennen offensichtlicher Gefahren (z. B. Umgang mit Chemikalien), sondern auch um versteckte Risiken wie:
lange Flucht- und Zugangswege
schwer erreichbare Arbeitsplätze (z. B. Kräne, Maschinenstände)
eingeschränkte Mobilität oder Sprachbarrieren bei Mitarbeitenden
hohe Fluktuation in Teams oder Schichtarbeit
4.2 Schritte einer praxisnahen Gefährdungsbeurteilung
Ein typisches Vorgehen gliedert sich in sechs Phasen:
Ermittlung der Gefährdungen:
Identifizieren von Gefahrenquellen und Unfallrisiken in allen Arbeitsbereichen.
Bewertung der Gefährdungen:
Einschätzen von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere möglicher Schäden.
Festlegung von Schutzmaßnahmen:
Auswahl geeigneter Erste-Hilfe-Einrichtungen (Art, Anzahl, Position).
Dokumentation der Ergebnisse:
Nachvollziehbare Aufzeichnung für Behörden und interne Prüfprozesse.
Umsetzung und Kommunikation:
Integration in den Arbeitsschutzplan, Schulungen und Beschilderungen.
Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung:
Mindestens alle 2 Jahre oder bei betrieblichen Änderungen.
4.3 Praxisbeispiele für risikobasierte Platzierungen
Beispiel 1: Laborarbeitsplätze in einem Biotech-Unternehmen
Gefährdung: Umgang mit ätzenden Flüssigkeiten
Maßnahme: Augenduschen und Körpernotduschen in Sichtweite jeder Arbeitsinsel
Ergänzung: Tragbare Spülflaschen an mobilen Analysewagen
Beispiel 2: Großraumbüro mit über 50 Beschäftigten
Gefährdung: geringe Verletzungsgefahr, aber hoher Personenfluss
Maßnahme: Zwei zentral platzierte Verbandkästen pro Etage, regelmäßige Notfallübungen
Ergänzung: Defibrillator (AED) in der Nähe des Aufenthaltsraums
Beispiel 3: Lagerhalle mit Gabelstaplerverkehr
Gefährdung: Kollisionen, Quetschungen, Sturzunfälle
Maßnahme: Dezentral verteilte Verbandkästen entlang der Hauptverkehrswege, Erste-Hilfe-Raum am Halleneingang
4.4 Integration in den Arbeitsschutzplan
Die Gefährdungsbeurteilung darf kein isoliertes Dokument sein, das in der Schublade verschwindet. Sie gehört in den zentralen Arbeitsschutzplan des Unternehmens und sollte bei:
jeder Betriebsbegehung
jeder neuen Gefährdung (z. B. Umbau, neue Maschinen)
jedem meldepflichtigen Arbeitsunfall
überprüft und angepasst werden.
4.5 Platzierung beginnt mit Verstehen
Wer die Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen ernst nimmt, beginnt bei der Gefährdungsbeurteilung. Sie ist mehr als ein Pflichtdokument – sie ist das strategische Steuerungsinstrument für unternehmerische Verantwortung, Rechtssicherheit und echte Fürsorge. Nur wer die Praxis kennt, kann in der Theorie richtig handeln.
5. Schulung, Wartung und Kontrolle: Leben retten ist kein Einmalprojekt
Die beste Erste-Hilfe-Infrastruktur ist wertlos, wenn niemand weiß, wie man sie nutzt – oder wenn sie im entscheidenden Moment nicht funktioniert. Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen allein reicht nicht. Nur durch regelmäßige Schulungen, sorgfältige Wartung und konsequente Kontrolle wird aus potenzieller Hilfe eine verlässliche Rettung.
5.1 Schulung: Wissen bringt Sicherheit
Rechtlich geregelt durch die DGUV Vorschrift 1, müssen Unternehmen dafür sorgen, dass eine ausreichende Anzahl betrieblicher Ersthelfer zur Verfügung steht – pro Schicht, pro Standort. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) empfiehlt:
1 Ersthelfer pro 20 Beschäftigte in Bürobereichen
1 Ersthelfer pro 10 Beschäftigte in Produktions- oder Handwerksbetrieben
Inhalte einer soliden Ersthelfer-Schulung:
Lebensrettende Sofortmaßnahmen (z. B. stabile Seitenlage, Wiederbelebung)
Umgang mit Defibrillatoren (AED)
Versorgung von Wunden, Verätzungen, Brüchen
Einsatz und Standorte der betrieblichen Erste-Hilfe-Einrichtungen
Verhalten bei chemischen Notfällen, Brandverletzungen, Stromunfällen
Auffrischung alle 2 Jahre ist Pflicht – dabei sollte nicht nur Wissen reaktiviert, sondern auch auf neue Arbeitsbedingungen eingegangen werden (z. B. neue Räume, neue Risiken).
Extra-Tipp: Praxisübungen integrieren
Rollenspiele, Notfall-Simulationen und interaktive Übungsszenarien erhöhen die Handlungssicherheit deutlich – besonders in stressreichen Notfallsituationen.
5.2 Wartung: Funktionalität ist kein Zufall
Erste-Hilfe-Einrichtungen müssen jederzeit vollständig, hygienisch und einsatzbereit sein. Die Wartungspflichten unterscheiden sich je nach Einrichtung:
Verbandkästen:
Monatliche Sichtkontrolle (Verantwortliche Person im Betrieb benennen)
Halbjährliche Dokumentation der Prüfung: Füllstand, Haltbarkeit, Unversehrtheit
Nach jeder Nutzung sofortige Nachbestückung – idealerweise über festgelegte Nachfüllsets
Not- und Augenduschen:
Wöchentlicher Funktionstest (Kurzzeitbetätigung zur Vermeidung von Biofilm)
Monatliche Sichtprüfung: Freigängigkeit, Druck, Temperatur
Jährliche fachgerechte Inspektion durch qualifiziertes Personal, inkl. Dokumentation
AEDs (Automatische Externe Defibrillatoren):
Batterie- und Elektrodenwechsel gemäß Herstellerangaben
Regelmäßige Selbsttests und Prüfprotokolle
Sichtkontrolle der Einsatzbereitschaft (grüne LED, Sichtfenster etc.)
5.3 Kontrolle und Audits: Fehlerfreie Abläufe als Standard
Die regelmäßige Überprüfung durch interne Beauftragte oder externe Fachkräfte ist nicht nur vorgeschrieben, sondern unverzichtbar, um Sicherheitslücken rechtzeitig zu erkennen.
Typische Kontrollfragen:
Sind alle Erste-Hilfe-Einrichtungen klar sichtbar und sofort zugänglich?
Entsprechen Anzahl und Ausstattung den aktuellen Gegebenheiten?
Ist das Personal ausreichend geschult – auch neue Mitarbeitende?
Gibt es ein aktuelles Verzeichnis aller Einrichtungen und Prüfintervalle?
Ein digital geführtes Sicherheits-Logbuch kann helfen, Prüfzyklen, Schulungstermine und Wartungsintervalle systematisch zu verwalten.
5.4 Sicherheitsmanagement endet nicht mit der Montage
Die einmalige Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen ist ein Anfang – aber eben nur das. Ohne regelmäßige Schulung, Wartung und Kontrolle verlieren selbst die besten Systeme ihre Wirksamkeit. Unternehmer, die diese Prozesse zur dauerhaften Routine machen, sorgen nicht nur für Rechtssicherheit – sie schaffen ein Umfeld, in dem echte Hilfe mehr ist als ein gut gemeinter Gedanke.
7 sofort umsetzbare Tipps für die perfekte Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen
Diese Maßnahmen bringen dich ohne Umwege auf den richtigen Kurs – rechtssicher, praxisnah und lebensrettend:
Führe eine standortspezifische Gefährdungsbeurteilung durch – und berücksichtige dabei alle Arbeitsbereiche, Schichten und Wegezeiten.
Platziere Verbandkästen innerhalb von 100 m Laufweg oder einer Geschosshöhe – besser noch: näher. Sichtbar, klar beschildert und frei zugänglich.
Installiere Not- und Augenduschen innerhalb von 5 Sekunden Reichweite zu Gefahrenquellen – mit barrierefreiem Zugang und LED-Markierung bei schlechter Sicht.
Kennzeichne alle Einrichtungen normgerecht nach ISO 7010 – und nutze zusätzliche Bodenmarkierungen oder Richtungsschilder in großen Gebäuden.
Schule deine Mitarbeitenden regelmäßig in der Nutzung aller Erste-Hilfe-Einrichtungen – inklusive praktischer Übungen und Rollenspielen.
Kontrolliere alle Einrichtungen turnusmäßig – Verbandkästen monatlich, Notduschen wöchentlich, AEDs nach Herstellerangaben. Dokumentation nicht vergessen!
Verankere Erste Hilfe im Sicherheitsbewusstsein – z. B. durch Infotafeln, Sicherheitstage oder interne Kampagnen mit echten Praxisbezügen.
Expertenzitat: Was Fachleute zur Platzierung sagen
„Die beste Erste-Hilfe-Ausrüstung bringt nichts, wenn sie zu spät gefunden oder nicht bedient werden kann. Die Kunst liegt nicht nur im Beschaffen, sondern im sichtbaren, intuitiven Bereitstellen – nah an der Gefahr, aber sicher erreichbar. Platzierung ist Prävention.“
— Arbeitsschutzberater & SiGeKo, anonymisiert, tätig im Maschinenbau-Sektor
Fallstudie: Erfolgreiche Umsetzung in einem Produktionsbetrieb
Ein mittelständischer Hersteller von Verpackungslösungen hatte in einer internen Sicherheitsprüfung festgestellt, dass mehrere Arbeitsbereiche (u. a. Druckmaschinen, Lagerflächen) keine ausreichende Erste-Hilfe-Abdeckung aufwiesen. Nach einer durchgeführten Gefährdungsbeurteilung wurden folgende Maßnahmen umgesetzt:
Installation von 12 neuen Verbandkästen in Produktions- und Lagerbereichen
Einrichtung von 3 neuen Körpernotduschen mit bodengleichem Zugang und LED-Notbeleuchtung
Anschaffung eines AED im zentralen Pausenbereich
Schulung von 18 Ersthelfern in drei Schichten
Erstellung eines interaktiven Sicherheitsplans mit Standorten aller Einrichtungen
Ergebnis: Innerhalb von 6 Monaten wurde die interne Reaktionszeit auf Zwischenfälle von durchschnittlich 4:40 Minuten auf 1:50 Minuten gesenkt – ein signifikanter Fortschritt, der von der Geschäftsführung als „strategisch relevant“ eingestuft wurde.
Die Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen ist weit mehr als ein formeller Akt – sie ist ein Element unternehmerischer Verantwortung, gesetzlich geregelt und im Notfall überlebenswichtig. Wer diese Einrichtungen richtig plant, sichtbar macht, regelmäßig überprüft und die Menschen darin schult, baut ein Schutzsystem auf, das mehr leistet als Vorschriften erfüllen – es rettet Leben.
Nutzen Sie Ihre Chance zur Verbesserung – nicht erst nach einem Vorfall.
Ob Sie neu planen oder bestehende Strukturen optimieren: Gehen Sie es professionell an, praxisnah und mit klarem System. Es lohnt sich. Für Ihre Mitarbeitenden. Für Ihr Unternehmen. Für Ihr Gewissen.
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FAQ – Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen
Was versteht man unter der Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen?
Die Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen bezeichnet die strategische Anordnung von Einrichtungen wie Verbandkästen, Notduschen, Augenspülstationen und Erste-Hilfe-Räumen innerhalb eines Unternehmens. Ziel ist es, im Notfall eine schnelle und effektive Erstversorgung zu ermöglichen. Die Platzierung muss gut sichtbar, leicht zugänglich und auf die spezifischen Gefährdungen des jeweiligen Arbeitsplatzes abgestimmt sein.
Welche gesetzlichen Vorschriften regeln die Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen?
Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen sind die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), die Arbeitsstättenregel ASR A4.3 sowie die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“. Diese schreiben unter anderem vor, dass Verbandkästen innerhalb von 100 Metern Wegstrecke erreichbar sein müssen, Notduschen innerhalb von fünf Sekunden zugänglich sein sollen und die Einrichtungen eindeutig gekennzeichnet und regelmäßig geprüft werden müssen.
Wo sollten Verbandkästen im Unternehmen platziert werden?
Verbandkästen sollten in jedem Arbeitsbereich gut sichtbar, klar beschildert und ohne Hindernisse erreichbar montiert sein. Die empfohlene maximale Entfernung beträgt 100 Meter oder eine Geschosshöhe. In Produktionsbereichen, Werkstätten oder Laboren ist eine höhere Dichte sinnvoll. In großen Gebäuden empfiehlt sich die Nutzung zusätzlicher Wegweiser oder Sicherheitspläne zur Orientierung.
Was ist bei der Platzierung von Not- und Augenduschen zu beachten?
Not- und Augenduschen müssen so angebracht sein, dass sie von jedem gefährdeten Arbeitsplatz innerhalb von maximal fünf Sekunden erreicht werden können. Sie dürfen nicht verbaut oder blockiert sein und müssen ohne besondere Vorkenntnisse sofort nutzbar sein. Zudem ist regelmäßige Wartung vorgeschrieben, um die Funktionalität jederzeit zu gewährleisten. Die genaue Platzierung ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung.
Müssen Erste-Hilfe-Einrichtungen barrierefrei zugänglich sein?
Ja. Alle Erste-Hilfe-Einrichtungen müssen grundsätzlich auch von Personen mit körperlichen Einschränkungen erreicht und bedient werden können. Das umfasst barrierefreie Wege, geeignete Höhen zur Bedienung und keine Schwellen oder Stolperstellen. Die Barrierefreiheit ist Teil der arbeitsrechtlichen Verpflichtung zur Gleichstellung und des vorbeugenden Gesundheitsschutzes.
Wie häufig müssen Erste-Hilfe-Einrichtungen überprüft werden?
Verbandkästen sollten monatlich kontrolliert und halbjährlich dokumentiert werden. Dabei wird auf Vollständigkeit, Verfallsdaten und äußere Schäden geprüft. Not- und Augenduschen sollten wöchentlich aktiviert werden, um stehendes Wasser zu vermeiden, und jährlich durch Fachpersonal gewartet werden. Die Überprüfungsintervalle können sich je nach Nutzungshäufigkeit und Risikoklasse unterscheiden.
Wie viele Ersthelfer sind pro Unternehmen gesetzlich vorgeschrieben?
Die DGUV Vorschrift 1 sieht folgende Mindestanzahl vor: In Verwaltungs- und Handelsbetrieben ist ein Ersthelfer pro 20 anwesende Beschäftigte erforderlich, in sonstigen Betrieben (z. B. Industrie, Handwerk) ein Ersthelfer pro 10 Beschäftigte. Bei besonderen Gefährdungen oder Schichtbetrieb kann eine höhere Anzahl erforderlich sein. Die Ausbildung muss alle zwei Jahre aufgefrischt werden.
Welche Rolle spielt die Gefährdungsbeurteilung bei der Platzierung von Erste-Hilfe-Einrichtungen?
Die Gefährdungsbeurteilung ist die Grundlage für die individuelle Planung und Platzierung. Sie analysiert, welche Risiken im jeweiligen Arbeitsbereich bestehen, und definiert daraus, welche Erste-Hilfe-Mittel wo und in welchem Umfang benötigt werden. Ohne diese Einschätzung kann keine bedarfsgerechte und rechtssichere Umsetzung erfolgen.
Wie sollten Mitarbeitende über die Standorte informiert werden?
Alle Beschäftigten sollten im Rahmen der Unterweisung mit den Standorten der Erste-Hilfe-Einrichtungen vertraut gemacht werden. Zusätzlich sollten klare Beschilderungen, Orientierungshilfen und gegebenenfalls Lagepläne genutzt werden, insbesondere in größeren oder mehrgeschossigen Gebäuden. Regelmäßige Notfallübungen fördern das Bewusstsein und die Handlungssicherheit.
Was passiert, wenn die Platzierung nicht den Vorschriften entspricht?
Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Anforderungen drohen rechtliche Konsequenzen – von Bußgeldern über versicherungsrechtliche Einschränkungen bis hin zur strafrechtlichen Haftung im Falle eines Unfalls mit Personenschaden. Darüber hinaus kann eine mangelhafte Ersthilfeorganisation das Vertrauen der Mitarbeitenden in die Sicherheit am Arbeitsplatz nachhaltig beschädigen.