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Ersthelfer im Betrieb: Gesetzliche Vorgaben, Aufgaben & praktische Umsetzung

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In Unternehmen kann jederzeit ein medizinischer Notfall oder ein Unfallgeschehen eintreten. Ob in der Produktion, im Büro oder auf Baustellen – kritische Situationen entstehen oft unerwartet. Wer dann rasch und sicher handelt, kann nicht nur Schmerzen lindern, sondern in manchen Fällen sogar Leben retten. Damit dies gelingt, schreibt der Gesetzgeber vor, dass qualifizierte Ersthelfer vor Ort zur Verfügung stehen müssen. Diese Verpflichtung basiert nicht allein auf Vorschriften, sondern spiegelt auch die soziale Verantwortung gegenüber Beschäftigten wider.

Das Thema ist facettenreich. Neben der reinen Zahl an Ersthelfern geht es auch um deren Auswahl, Schulung, organisatorische Einbindung und wiederkehrende Weiterbildung. Häufig stellen sich Betriebe die Frage, wie sich alle Vorschriften verständlich und praxisnah umsetzen lassen. Dieser Beitrag beleuchtet umfassend, welche rechtlichen Anforderungen existieren, welche Rolle betriebliche Ersthelfer konkret einnehmen und wie deren Einbindung im betrieblichen Alltag gelingen kann.

Ersthelfer

Gesetzliche Rahmenbedingungen für Ersthelfer im Betrieb

Verpflichtung durch das Arbeitsschutzgesetz und die DGUV

Rechtsgrundlage für die Bestellung betrieblicher Ersthelfer bildet das Arbeitsschutzgesetz (§ 10 ArbSchG) in Verbindung mit der DGUV Vorschrift 1. Darin wird festgelegt, dass jedes Unternehmen geeignete Personen benennen muss, die bei Unfällen und plötzlichen Erkrankungen schnelle Hilfe leisten können. Die genaue Anzahl richtet sich nach der Anzahl der Beschäftigten sowie nach der Gefährdungslage im Betrieb. In Büro- und Verwaltungsbereichen reicht es aus, wenn mindestens fünf Prozent der Anwesenden über eine Erste-Hilfe-Ausbildung verfügen. In Werkstätten, auf Baustellen oder in Betrieben mit körperlicher Belastung steigt diese Quote auf mindestens zehn Prozent.

Branchenspezifische Vorgaben der Berufsgenossenschaften

Ergänzend zu den allgemeinen Vorgaben geben viele Berufsgenossenschaften weiterführende Hinweise, die sich an den spezifischen Risiken einzelner Branchen orientieren. Besonders in Arbeitsumgebungen mit erhöhter Unfallgefahr – etwa in der Logistik, im Bauwesen oder im Gesundheitsbereich – können zusätzliche Anforderungen bestehen. Dazu zählen unter anderem spezielle Schulungsinhalte, schnellere Erreichbarkeit von Hilfe oder das Vorhalten zusätzlicher Notfallausstattung.

Fakt 1: Gesetzliche Mindestanzahl an Ersthelfern

„Schon ab 2 anwesenden Beschäftigten in Büroarbeitsstätten ist 1 Ersthelfer vorgeschrieben – in anderen Betrieben sogar noch früher!“
(Quelle: DGUV Vorschrift 1)

Bei mehr als 20 anwesenden Beschäftigten gilt:

  • 10 % der Anwesenden müssen in Büroarbeitsstätten Ersthelfer sein

  • 15 % in sonstigen Betrieben, z. B. Produktionsstätten

Ausbildung und Fortbildung von betrieblichen Ersthelfern

Inhalte und Ablauf der Grundausbildung

Die Schulung zum Ersthelfer erfolgt bei anerkannten Ausbildungsstellen, die durch die Berufsgenossenschaften zugelassen sind. Der Kurs dauert einen Tag und besteht aus neun Einheiten. Thematisch behandelt werden typische Notfallsituationen, grundlegende Maßnahmen zur Wiederbelebung, das Erkennen von Schockzuständen und Verletzungen sowie der korrekte Ablauf eines Notrufs. Der Schwerpunkt liegt auf der praktischen Anwendung, sodass die Teilnehmenden auf den Ernstfall vorbereitet sind.

Regelmäßige Auffrischung als verpflichtende Maßnahme

Alle zwei Jahre müssen betriebliche Ersthelfer an einer Fortbildung teilnehmen. Diese sorgt dafür, dass das Wissen präsent bleibt und neue Entwicklungen berücksichtigt werden. Wer diesen Termin verpasst, kann nicht mehr als Ersthelfer im Unternehmen gelten. Die Kurse dauern ebenfalls einen Tag und greifen häufig reale Fallbeispiele auf, um das Verhalten unter Stressbedingungen zu trainieren. Die Kosten dafür tragen in der Regel die Berufsgenossenschaften.

Fakt 2: Gelernt ist gelernt – aber nicht für immer!

„Die Erste-Hilfe-Ausbildung ist nur 2 Jahre gültig – danach ist eine Fortbildung Pflicht.“

Wer als betrieblicher Ersthelfer zählt, muss alle zwei Jahre eine auffrischende Schulung (9 UE) absolvieren – sonst verliert man den offiziellen Ersthelferstatus im Unternehmen.

Aufgaben und Verantwortung von Ersthelfern im Unternehmen

Rechtsstellung und Rahmenbedingungen

Betriebliche Ersthelfer übernehmen im Notfall eine bedeutende Rolle – jedoch ohne medizinische Haftung im juristischen Sinn. Sie handeln nach bestem Wissen und auf Grundlage ihrer Schulung. Das Gesetz schützt sie, sofern sie Hilfe nach den erlernten Standards leisten. Ihre Einsätze unterliegen dem Prinzip der zumutbaren Hilfe. Neben der ersten Versorgung von Verletzten sind sie auch für die Verständigung des Rettungsdienstes und die Betreuung Betroffener bis zum Eintreffen professioneller Kräfte zuständig.

Maßnahmen bei Zwischenfällen

Im Ernstfall übernehmen Ersthelfer viele Aufgaben in kurzer Zeit. Sie müssen Verletzte einschätzen, grundlegende Maßnahmen durchführen, Notrufnummern kennen und Einsatzkräfte zum Unfallort lotsen. Zudem erfassen sie häufig erste Informationen für die spätere Dokumentation. Auch die Kontrolle der vorhandenen Notfallausrüstung sowie Rückmeldung an die Unternehmensleitung können Teil des Engagements sein.

Umsetzung im betrieblichen Alltag

Verankerung im Arbeitsschutzsystem

Damit Ersthelfer im Betrieb wirklich handlungsfähig sind, müssen sie strukturell eingebunden sein. Hierzu gehört, dass sie regelmäßig über neue betriebliche Risiken informiert werden, an Übungen teilnehmen und klare Kommunikationswege im Notfall kennen. Wichtig ist auch, dass ihnen Zeit für Schulungen eingeräumt wird und Ansprechpartner für organisatorische Fragen vorhanden sind. In gut aufgestellten Unternehmen arbeiten Ersthelfer mit Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten zusammen.

Verwaltung und Nachweispflichten

Neben der Benennung von Ersthelfern muss ein Betrieb alle relevanten Unterlagen vorhalten. Dazu zählen Teilnahmebescheinigungen, Auffrischungstermine und die Überprüfung von Erste-Hilfe-Materialien. Eine sorgfältige Dokumentation beugt nicht nur Missverständnissen vor, sondern ermöglicht im Falle von Kontrollen eine reibungslose Nachweislage. Viele Unternehmen greifen mittlerweile auf digitale Tools zurück, um diese Aufgaben zu erleichtern.

Finanzielle Unterstützung durch die Unfallversicherungsträger

Für viele Betriebe ist es beruhigend zu wissen, dass die Kosten für Schulungen meist von den Unfallversicherungsträgern übernommen werden. Dies gilt für Grundausbildungen wie auch für Wiederholungskurse, sofern sie bei anerkannten Stellen absolviert werden. Damit entfallen wesentliche Hindernisse bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Gleichzeitig profitieren Unternehmen davon, dass ihre Beschäftigten sicherheitsbewusster agieren und in Ausnahmesituationen souveräner reagieren.

Fakt 3: Jede Sekunde zählt

„Im Notfall entscheiden die ersten 5 Minuten über Leben und Tod – bevor der Rettungsdienst eintrifft.“

Der Durchschnitt für das Eintreffen eines Rettungswagens liegt bei ca. 8–10 Minuten.
Daher sind ausgebildete Ersthelfer und ihre schnellen Maßnahmen von enormer Bedeutung – z. B. bei Herzstillstand oder schweren Verletzungen.

Fazit

Der Aufbau eines funktionierenden Ersthelferkonzepts ist ein wesentlicher Baustein im Rahmen betrieblicher Vorsorge. Rechtsvorgaben schaffen klare Strukturen, doch letztlich kommt es auf das Zusammenspiel von Schulung, Organisation und Aufmerksamkeit im Alltag an. Ersthelfer stehen stellvertretend für die Bereitschaft eines Unternehmens, in kritischen Situationen nicht untätig zu bleiben.

Je nach Branche, Tätigkeitsfeld und Gefährdungssituation sind unterschiedliche Lösungen gefragt – pauschale Herangehensweisen reichen selten aus. Wer Mitarbeitende zielgerichtet einbindet, gute Erreichbarkeit sicherstellt und klare Zuständigkeiten regelt, schafft eine solide Basis für schnelles Handeln im Notfall. Betriebe, die diesen Weg konsequent verfolgen, investieren nicht nur in Sicherheit, sondern stärken auch das Vertrauen innerhalb der Belegschaft.

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